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AutorenbildNiklas Böhringer

Der Ruf der Grizzlybären – Begegnung mit einem Menschen

Wie würde wohl eine Begegnung zwischen einem Menschen und dem jungen Grizzlybären Rico ablaufen? In der gesamten Reihe von Der Ruf der Grizzlybären gibt es keine Menschen, da ich mich dazu entschieden habe, dass diese Welt ganz allein den Tieren gehört. Doch hier hat sich wohl ein Mensch diesem Verbot widersetzt und ist trotzdem aufgetaucht.

Zum Glück ist dieser Mensch ein umgängliches Exemplar und nicht eines dieser zerstörerischen Sorte, das Müll herumliegen lässt, wahllos ausreißt, Tiere aufschreckt (oder gar abschießt) und für schöne Lagerfeuerchen (man nenne sie Flächen- oder Waldbrände) mit achtlos weggeworfenen Scherben oder Zigarettenstummeln sorgt. Nein, dieses Exemplar erfreut sich an der Natur und weiß sie zu schätzen.


Auch wenn ich weiß, dass solch eine Begegnung in Realität wahrscheinlich viel zu gefährlich wäre, träume ich davon, schließlich ist Rico ein herzliches Bärchen. Wieso soll es das nicht auch in Wirklichkeit geben?


Der Ruf der Grizzlybären – Begegnung mit einem Menschen

Die Sonne stand hoch am Himmel und das laute Zwitschern der Vögel klang durch den Wald. Der Duft nach frischen Gras und wilden Blumen und Kräutern erfüllte die Luft. Eine leise Brise strich durch den Wald. Rico war alleine unterwegs, denn die Hasen mussten ihrer Mutter helfen, den Bau zu putzen, und dasselbe tat gerade Shira. Diesmal hatte sie allerdings Toby fest eingespannt und ließ keine Ausrede mehr durchgehen. Thekla half ihr freiwillig, nur Rico musste nicht mithelfen, da er dies bereits einmal getan hatte. Jetzt war sein Vater an der Reihe.

Rico schlenderte langsam durch den Wald und genoss die frische Luft. Er reckte seine Nase in den Wind und ihm stieg der Geruch von sommerlicher Natur in die Nase. Er legte sich in die Sonne und ließ sich von ihr wärmen. Unter einem gewaltigen Baum im Halbschatten genoss er die Freiheit.

Plötzlich knackten Äste in einiger Entfernung und Rico schreckte hoch. Ein ungewohnter Geruch stieg ihm in die Nase. Er konnte ihn nicht deuten. So etwas hatte er zuvor noch nie gerochen. Leicht süßlich, aber dennoch streng. Er schaute sich um, konnte aber kein Tier sehen, das diesen Geruch verströmte. Er erhob sich und beschloss, dem rätselhaften Geruch zu folgen.

Was ist das bloß? So etwas Komisches habe ich noch nie gerochen. Was für ein Tier muss das wohl sein, das so riecht? Er wusste es nicht. Unschlüssig lief er langsamer. Irgendwie war er sich unsicher. Da vernahm er einen seltsamen Aufschrei. Es war ebenfalls eine unbekannte Stimme, so ein Geräusch hatte er noch nie gehört.

Dann sah er in weiter Entfernung, wie ein seltsames Wesen auf zwei Beinen durch das Gras lief. So etwas Hässliches hatte er noch zu Gesicht bekommen. Dieses eigenartige Geschöpf hatte weder Fell noch Federn. Es war vollkommen nackt. Nur um seinen Oberkörper lag ein seltsam buntes Ding, das zwei Löcher für die Arme hatte. Es gab seltsame Pfeifgeräusche von sich und lief scheinbar planlos umher. Erst jetzt erkannte Rico, dass dieses Tier – falls es überhaupt eines war – eine Art Korb bei sich trug. Er erinnerte sich an den Frosch, den ihm die Braunbären mitgegeben hatten. In ihm hatte sich Honig befunden, doch dieser Gegenstand war augenscheinlich aus dünnen Zweigen gefertigt.

Das bunte Tier stellte seinen Korb ab und lief suchend immer im Kreis umher. Dann zog es etwas aus seinem Fell heraus, das über seinen Schultern lag, und schlug es in der Mitte auf. Mehrmals blickte es auf und dann wieder in diesen Gegenstand. Anschließend pflückte es einige Pilze und legte sie in den Korb. Neugierig sah Rico dabei zu. Allerdings traute er sich nicht näher heran. Der kleine Bär verharrte in seinem Versteck und beobachtete alles ganz genau.

Einige Zeit später schien das Wesen genug von den Pilzen zu haben und stand wieder auf. Zu Ricos Verwunderung begann plötzlich sein Fell zu singen. Es griff hinein und zog einen kleinen schwarzen Gegenstand heraus. Dann tippte es darauf herum und der Gesang verstummte augenblicklich. Was den kleinen Bären aber noch mehr in Staunen versetzte, war, dass das Tier mit diesem Stein, wie Rico vermutete, zu sprechen begann. Allerdings verstand er nichts von dem Gespräch. Die Gestalt gab nur eigentümliche Laute von sich, die Rico nicht deuten konnte. Neugierig sah er ihm dennoch dabei zu, in der Hoffnung, dass er etwas herausfand.

Rico schlich näher heran und verriet sich dabei aus Versehen, indem er einen Ast zerbrach. Die Gestalt, die sich noch immer den Stein ans Ohr hielt und darauf einredete, fuhr herum und erstarrte, als sie Rico erblickte. Sie ließ den Stein fallen und begann laut zu schreien. Rico erschrak ebenfalls und schrie.

Für das bunte Tier klang es aber nach einem Brüllen, was diese Situation nicht unbedingt fördere. Rico verstummte wieder und kurze Zeit später tat es ihm sein Gegenüber gleich. Beide sahen sich nur schweigend an und blickten sich in die Augen. Rico musterte die Gestalten genauer und begann zu schnuppern. Nun vernahm er diesen Duft sehr intensiv. Die Gestalt hingegen griff erneut in ihr buntes Fell und zog einen weiteren Stein heraus. Sie hob es vor ihr Gesicht und sah hindurch. Verwundert legte Rico den Kopf schief, denn er hatte keine Ahnung, wofür dieses eigentümliche Ding zu gebrauchen war. Würde die Gestalt gleich wieder damit zu reden beginnen? Er wusste es nicht. Aber gerade in dem Moment, als er darüber nachdachte, erklang ein leises Klicken und das Ding schoss einen grellen Lichtstrahl auf ihn. Erschrocken und verblendet zugleich fuhr Rico zusammen. Er musste die Augen schließen. Wie war es möglich, dass dieses Wesen die Sonne in dieses Kästchen gesteckt hatte? Rico brüllte erneut auf, was die Gestalt ebenfalls zum Schreien brachte. Doch dann verstummten beide erneut und sahen sich wieder nur an.

Nach längerem Verharren kniete sich die Gestalt hin und zog etwas aus ihrem Fell heraus. Rico bekam etwas Angst. Was kam nun? Wieder ein Stein, der blitzte? Nein. Dieser Gegenstand raschelte in den Pfoten der Gestalt und eine Art Hülle wurde abgestrichen. Augenblicklich stieg Rico ein unwiderstehlicher Geruch in die Nase. Was war das bloß? Neugierig schnuppernd kam er einige Schritte näher. Die Gestalt streckte ihm seine Hand mit dem Ding entgegen und machte komische Klickgeräusche. Rico beschloss, ihr zu vertrauen und schnupperte an dem Gegenstand. Es roch gut. Behutsam nahm er es mit seinen Lippen und begann zu kauen. Es schmeckte süß, aber gut. Rico wusste nicht, was das war, er wusste nur, dass er mehr davon wollte. Darum stupste der die Gestalt mit seiner Schnauze an, die ihm darauf einen weiteren Gegenstand auswickelte und gab.

Während Rico fraß, ließ er sogar zu, dass die Gestalt ihn anfasste. Es war irgendwie eigenartig, aber er vertraute dem Wesen, dass es ihm nichts tat. Und genau so schien es ihm selbst zu vertrauen. Es sprach auf seiner eigenen Sprache leise auf Rico ein, doch er verstand nicht, was die Gestalt von ihm wollte.

„Was bist du für ein Tier und wie kommst du hier her?“, wollte Rico nach einiger Zeit wissen. Doch so unverständlich die Worte des Fremden für Rico waren, so wenig verstand dieser den kleinen Grizzlybären. Er nahm seine Worte lediglich als genussvolles Brummen wahr, was ihm ein Lächeln entlockte.



Bärische Grüße

Niklas B.

 

Serienlogo © 2022 by Tuula Schneider

Bärenpranke © 2022 by Fabienne Althans



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