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Abraza a un oso

Dina Noche Prudencio

Am 16. November ist Have-a-Party-with-your-Bear-Day. Begeben sich deine Protas in Gefahr oder wie feiern sie mit ihren Tieren?
Am 07. November war Hug-a-Bear-Day.

Das bunte Herbstlaub raschelte unter unseren Füßen, als wir auf einem Trampelpfad durch den Wald liefen. Luna, meine silbergraue Labradorhündin sprang glücklich vor uns her. Sie liebte es, im Laub zu toben.

„Der Herbst ist doch einfach die schönste Jahreszeit“, schwärmte ich und kickte in einen Laubhaufen, sodass die Blätter durch die Luft wirbelten.

„Finde ich nicht“, nörgelte Kim. „Es ist kalt und zudem kommt der Winter! Was soll daran schön sein?“

„Der Wald zeigt sich in seiner schönsten Farbenpracht. Das finde ich schön“, stimmte Vera mir zu.

„Ich frage mich gerade wirklich, wieso ich mich überreden lassen habe, mit euch in den Wald zu gehen.“ Kim stapfte voran und konnte gar nicht schnell genug aus dem Wald kommen.

„Kim, warte mal“, raunte ich ihr zu. „Seid mal ganz leise. Ich habe etwas gehört!“

Augenblicklich fuhr sie herum. „Etwa ein Wildschwein?“ Ihre Stimme schlug in ein klägliches Wimmern um. „Ich will nicht sterben! Wäre ich doch bloß nicht mitgekommen!“

„Du wirst nicht sterben!“, versicherte ich ihr. Was hatte sie für Schauermärchen gehört? Nicht jedes Tier brachte einen gleich bei einer Begegnung um. „Die meisten Waldbewohner haben ohnehin mehr Angst vor dir, als du vor ihnen. Sie sind menschenscheu!“

„Ein Glück!“ Erleichtert atmete sie aus.

„Und als Gleichgesinnte sollte dir auch nichts passieren“, fügte Vera hinzu.

„Wie meinst du denn das?“, empörte sie sich.

„Du bist Vegetarierin. Ein Großteil der Waldtiere ernährt sich ebenfalls nur pflanzlich. Da solltet ihr euch gut verstehen.“

„Haha“, machte Kim genervt. „Bestimmt wollen alle mit mir befreundet sein!“

In diesem Moment knackte es erneut. Blätter raschelten, dann bildete sich eine Silhouette hinter einem kleinen Baum ab, die ziemlich groß zu sein schien.

„W-was ist d-das?“, wimmerte Kim.

„Keine Bewegung. Und fang bloß nicht an zu schreien!“, wies ich sie streng an. Ich wusste nur zu gut, wie schnell Kim in solchen Situationen überreagieren konnte.

Kurze Zeit rührten wir uns alle nicht. Sowohl die Silhouette als auch wir verharrten und wagten es nicht, zu atmen. Nicht einmal Luna, die dicht neben mir saß, rührte sich.

Langsam näherte sich die Gestalt. Mir pochte das Herz bis zum Hals. Kim verlieh meiner Angst den passenden Sound.

„Aaaah!“, kreischte sie panisch auf und rannte los. Wohin, schien ihr egal zu sein. Hauptsache, weg!

„Kim!“, stieß ich erschrocken aus, doch da stieß sie bereits mit dem Tier zusammen, das gerade seinen Kopf durch die Blätter streckte: ein Bär.

„Ein B-b-b-bär!“, brüllte Kim voller Panik und fuchtelte wild mit ihren Armen und Beinen herum, um den Bären auf Abstand zu halten.

Wider meiner Erwartung, stand dieser jedoch nur da und glotzte Kim verdutzt an. Er schien ebenfalls nicht zu begreifen, was sie gerade tat.

Leicht eingeschüchtert lief er einige Schritte zurück. Hatte Kim ihn tatsächlich vertrieben?

„Kim! Er ist weg!“, rief ich ihr zu, als sich der Bär wieder hinter seinem Versteck verborgen hatte.

„Du hast ihn vertrieben?“ Voller Panik hatte Kim noch immer ihr Gesicht in den Waldboden gegraben und hämmerte wild mit den Fäusten um sich. Meine Entwarnung hatte sie gar nicht mitbekommen.

„Er ist weg“, wiederholte ich etwas lauter und stupste sie an.

Mit verheulten Augen blickte sie mich an. „Bin ich tot?“

„Jetzt komm mal wieder runter!“, meinte auch Vera. „Der Bär ist weg.“

Luna kam schwanzwedelnd auf Kim zu und schlabberte ihr übers Gesicht, was sie mit einem angeekelten Aufschrei kommentierte.

„Pfui, Luna! Lass das!“ Würgend stieß sie Luna von sich. „Du hast Mundgeruch!“

Unerwartet raschelte es erneut und der Bär streckte abermals seinen Kopf aus dem Gebüsch. Regungslos guckten wir uns an. Niemand wagte es, sich zu bewegen. Nicht einmal Kim.

„Hallo, ich will euch nichts tun. Ihr braucht keine Angst zu haben“, sagte der Bär mit leicht rauer Stimme. Ich verstand jedes Wort.

„Hallo, keine Sorge, wir haben keine Angst“, ließ ich ihn wissen.

Da legte er verdattert den Kopf schief. „Du kannst mich verstehen? Warte, ich kann dich auch verstehen!“ Verwunderung stand in seinem Gesicht geschrieben. „Wie ist das möglich?“

„Ich habe eine Übersetzungszunge, eine tolle Erfindung eines befreundeten Professors. Damit kann ich viele Sprachen verstehen und sprechen. Dass ich Tiere verstehen kann, hätte ich allerdings nicht gedacht.“

Kim guckte mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Was, du sprichst mit ihm? Kannst du ihn etwa verstehen?“

„Ja.“ Ich trug wohl als einzige meine Übersetzungszunge. Dies war mein Vorteil. Dass sie tatsächlich bei Tieren funktionieren würde, hatte ich selbst nicht gedacht.

„Wie heißt du?“, wollte der Bär wissen. „Ich bin Rico.“

„Freut mich, Rico. Ich bin Dina, die Kreischende am Boden heißt Kim und das ist Vera. Meine Hündin heißt Luna.“

„Der hat einen Namen?“, wollte Kim wissen.

„Natürlich, du hast doch auch einen Namen!“, meinte ich. „Wieso sollten Tiere keine haben?“

Diese Frage schien sie nachdenklich zu machen. „Kannst du mal fragen, ob ich ihn streicheln darf, wenn er nicht beißt?“

„Er ist doch kein Kuscheltier!“ Dennoch wandte ich mich an Rico. „Kim fragt, ob sie dich streicheln darf.“

„Klar“, stimmte er sofort zu. „Wenn sie nicht beißt.“

„Bestimmt nicht.“ Ich musste lachen. Leider war bei Kim wirklich alles möglich. „Du darfst ihn streicheln“, informierte ich sie.

Ganz langsam näherte sie sich ihm an, streckte ihre Hand aus und berührte für den Bruchteil einer Sekunde sein Fell.

„Du kannst ruhig richtig streicheln“, versicherte ich ihr. „Rico hat es dir erlaubt.“

Endlich traute sie sich und streichelte den Bären. Ihr Gesichtsausdruck war unbezahlbar. Mit weit aufgerissenen Augen stand sie da und wollte gar nicht mehr aufhören. „Ich streichle gerade wirklich einen Bären! Ich kann es nicht glauben!“

Auch ich wollte ihn unbedingt streicheln und fuhr ihm ebenfalls durchs weiche Fell. Vera tat es mir gleich. Luna hingegen beschnupperte ihn und sprang dann schwanzwedelnd um ihn herum. Das war wohl ihre Art zu zeigen, dass sie ihn mochte.

Noch bevor ich sie aufhalten konnte, schlang Kim unerwartet ihre Arme um ihn und schwang sich auf seinen Rücken.

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