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Heart for animals

Kim Posse

Kater Karlo rollt sich auf der Straße herum, während dein Anta auf ihn zurast. Wie geht die Szene weiter?

„Ganz ehrlich, ich finde Gespräche übers Wetter völlig bekloppt. Klar, Smalltalk ist manchmal nötig, aber gibt es da nicht spannendere Themen?“, beklagte sich Vera.

Dina hatte mich und Vera gefragt, ob wir zusammen eine Runde laufen wollen, da sie mit Luna noch Gassi gehen musste. Wir beide hatten sofort zugesagt.

„Schaut mal, die Wolken“, fiel mir auf und ich deutete nach oben, „sie sehen sehr dunkel aus und der Wind hat aufgefrischt.“

„Kim, hörst du mir überhaupt zu?“, motzte Vera. „Ich finde Gespräche übers Wetter blöd!“

„Das habe ich mitbekommen, aber schaut doch, die Wolken sind fast schwarz!“ Mir war etwas unwohl bei diesem Anblick.

„Mist!“, stieß Dina aus. „Vera, verdammt! Sie hat recht. Die Wolken sind düster wie vor einem Weltuntergang. Wir sollten gucken, dass wir schleunigst nach Hause kommen.“

Genervt blickte auch Vera nach oben und beschleunigte augenblicklich ihren Gang. „Sorry, Kim.“

„Schon gut“, meinte ich spöttisch. „Bloß nicht übers Wetter reden, nicht wahr?“ Ich blickte auf die sonst vielbefahrene Straße. Seltsamerweise war sie gerade komplett leer. Doch dann entdeckte ich auf der Fahrbahn, wie sich eine Katze gemütlich auf der Fahrbahn räkelte und umher kullerte.

„Luna, kack schneller“, wies Dina gerade ihre silbergraue Labradorhündin an. Sie hatte es auf einmal sehr eilig, heimzukommen.

„Das gibt es doch nicht!“, schrie ich entsetzt auf.

„Was gibt es nicht?“, wollte Vera wissen. Sie folgte meinem Blick und entdeckte ebenfalls die Katze.

„Ach“, meinte sie, „die wird schon beiseite gehen, wenn ein Auto kommt. Sonst wäre sie schön blöd!“

„Das glaubst aber auch nur du!“, sorgte ich mich.

„Wird sie nicht“, wandte Dina ein, die nun ebenfalls das Tier entdeckt hatte, „Katzen sind so blöd, die lassen sich beim Kuscheln mit der Fahrbahn überrollen. Aber die sind ja soooo süß.“ Sie rollte mit den Augen.

„Dina!“, klagte ich.

„Ist doch wahr. Wer setzt sich schon mitten auf die Straße. Luna würde das bestimmt nicht tun.“

„Ich muss ihr helfen!“, beschloss ich und marschierte geradewegs über den Grünstreifen, der die Straße vom Gehweg trennte. Dann überquerte ich die erste Straße, den Mittelstreifen, bis ich das Kätzchen endlich erreichte.

„Pspspsps“, machte ich und näherte mich langsam. Ein Grollen ertönte. Na super, hoffentlich war das Gewitter nicht allzu nah. Verängstigt unterbrach das Tier sein Kuscheln und blickte mich mit großen Augen an.

„Keine Angst, ich helfe dir“, versprach ich und lief weiter auf die Katze zu.

„Kim“, warte mich Dina vom Gehweg aus, „da kommt ein Auto! Beeile dich!“

„Mist!“ Ich blickte in die besagte Richtung und sah es auf mich zukommen. „Ausgerechnet jetzt!“ Wieder an die Katze gewandt machte ich die Geräusche, um sie anzulocken, doch das schien die Katze nicht zu interessieren.

„So ein blödes Vieh“, kommentierte Dina, „die will sich nicht einmal helfen lassen!“

„Sie versteht nur nicht, welcher Gefahr sie sich hier aussetzt!“, verteidigte ich den Vierbeiner.

„Klar, als ob die das weiß.“

„Dina, lass mich bitte in Ruhe! Du könntest mir ja helfen!“

„Nein danke. Deine Tierliebe in allen Ehren, aber ich würde nicht für eine Katze auf die Straße springen. Schon gar nicht, wenn ein Auto kommt.“

„Du würdest sie also überfahren lassen?“, stutzte ich und blickte sie geschockt an.

„Wenn es sein muss. Lieber so eine Katze als ich. Tut mir leid, aber ganz ehrlich! Und jetzt pack das Vieh und komm wieder rüber, sonst liegt ihr beide überfahren im Graben!“

Tatsächlich war das Auto nicht mehr weit. Hastig griff ich nach dem Kätzchen, nahm es auf den Arm und eilte zurück auf den Gehweg.

Gerade als ich Dina und Vera erreichte, strampelte das Tier und fuhr mir mit seiner Kralle quer über den Arm. Vor Schmerz aufschreiend ließ ich die Katze fallen.

„Au, du blöde Katze“, kreischte ich auf. „Ich rette dich und was ist dein Dank?“

„Tja. So sind Katzen eben. Luna würde so etwas nicht tun“, meinte Dina schadenfroh.

„Na danke, hoffentlich bekomme ich jetzt keine Blutvergiftung.“

„Bestimmt nicht“, beruhigte mich Vera, „dennoch sollten wir den Kratzer einem Arzt zeigen. Damit ist nicht zu spaßen.“

Ein weiteres Grollen unterbrach unser Gespräch. Kurz darauf zuckte auch schon der erste Blitz am Himmel.

„Lass uns schnell heim!“, wies uns Dina an und wir liefen zügigen Schrittes zu ihrer Wohnung.

Erste Tropfen fielen vom Himmel, die rasch stärker wurden und sich nach kürzester Zeit in einen regelrechten Sturzbach verwandelt hatten. Bis auf die Unterhosen durchnässt standen wir vor Dinas Türe und kamen endlich ins Trockene.

„Jetzt ist es auch egal“, motzte sie und schlug die Tür genervt hinter uns zu. „Aber schön, dass du dieses aggressive Vieh von der Straße geholt hast.“

„Hätte ich sie etwa sitzen lassen sollen?“ Geschockt blickte ich sie an.

„Nun ja. Hättest du, wären wir rechtzeitig und im Trockenen zuhause angekommen, du wärst nicht gekratzt worden und es gäbe eine Katze weniger auf dieser Welt.“

„Wie kannst du so etwas nur sagen?“ Mein Gesicht zeigte mein Entsetzen mehr als deutlich.

„Ich mag nun mal keine Katzen.“

„Aber du hast doch einen Hund!“, wandte ich ein.

„Was hat das damit zu tun?“

„Es sind beides Tiere.“

„Du magst ja auch keine Horrorfilme, dafür Romanzen und es sind beides Filme. Also: Kein guter Vergleich!“

„Egal!“, wollte ich das Thema beenden. „Es ist meine Sache. Ich habe die Katze gerettet, ich wurde gekratzt und ich wurde nass.“

„Wir alle wurden nass!“, fiel mir Dina dazwischen. „Und ich brauche erst einmal etwas Trockenes! Für euch gibt’s im Bad Handtücher. Ich mache uns einen Tee zum Aufwärmen.“ Damit verschwand Dina und ließ Vera und mich allein.

„Unfassbar, wie kann jemand so Katzen hassen?“ Verständnislos blickte ich Vera an.

„Ich mag sie auch nicht wirklich. Katzen sind Einzelgänger, stur und – wie du gesehen hast – gefährlich. Ein Hund hätte das nicht getan. Dina hat schon recht.“ Vera griff nach einem Handtuch.

„Hättest du sie also auch überfahren lassen?“

„Natürlich nicht. Ich hätte versucht, sie von der Straße zu verjagen. Geholt hätte ich sie allerdings nicht.“

„Immerhin. Dina hätte sie wahrscheinlich einfach sitzen lassen und zugesehen, wie sie überfahren wird.“ Ich schniefte, während ich mir die Haare trocken rubbelte.

„Das weißt du doch gar nicht. Bestimmt hätte sie auch etwas getan, wärst du nicht dabei gewesen. Manchmal tut Dina einfach so, aber du weißt selbst, dass sie im Grunde eine sehr großherzige Person ist.“

„Ja, ich weiß – ich hoffe es.“ Da fiel mir noch etwas anderes ein. „Und was, wenn sie die Katze gar nicht bemerkt hätte?“

„Kim, dann trifft sie absolut keine Schuld! Wie soll sie dem Tier helfen, wenn sie es gar nicht weiß?“

„Stimmt“, gab ich nach. „Ich gehe mal in die Küche und hole meinen Tee.“

„Ist gut, ich komme auch mit.“ Gemeinsam liefen wir in die Küche, wo Dina bereits trockene Klamotten trug und uns die dampfenden Tassen reichte.

„Und Kim“, setzte Dina an, „ich hätte die Katze natürlich auch gerettet – zumindest von der Straße verjagt.“

„Siehst du?“ Vera blickte mich lächelnd an. „Dina hat ein ebenso großes Herz für Tiere wie du.“

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