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Pegamento para manualidades

Dina Noche Prudencio

Deine kreativste Figur verziert einen Wagen für den CSD. Allerdings gerät die Zierde etwas ungeschickt. Ausgerechnet dieser Wagen hat eine Panne und hält die gesamte Parade auf.

Voller Vorfreude stand ich mit Vera am Straßenrand und folgte begeistert dem Geschehen der Parade zum diesjährigen CSD. Von Kim wusste ich, dass sie einen Wagen hatte verzieren dürfen. Welchen, hatte sie allerdings verschwiegen.

„Ich denke, wir werden ihn erkennen“, vermutete Vera und schoss ein Foto nach dem anderen. Auch dieses Jahr war sie von ihrer Redaktion beauftragt worden, einen Artikel über den Christpher Street Day zu schreiben, auf den sie schon seit Wochen hinfieberte. Kein Wunder, es war immer wieder aufs Neue ein Spektakel voller Freude und Gemeinschaft.

„Oha, das muss Kims Wagen sein.“ Vera riss mich unsanft am Ärmel. „Das kann nur Kim gewesen sein.“ Stürmisch schoss sie eine ganze Serie an Bildern. „Mit diesem Bild komme ich garantiert auf die Titelseite!“, stieß sie begeistert aus. „Jetzt muss nur noch etwas Unvorhergesehenes passieren, um auch einen bombastischen Artikel zu verfassen, dann ist alles perfekt.“

„Also bei Kim mache ich mir keine Sorgen“, meinte ich. War Kim unterwegs, so ließ die nächste Panne nicht lange auf sich warten.

Da fuhr ihr Wagen an uns vorbei. Freudestrahlend winkte Kim aus dem Führerhäuschen heraus. Unglaublich, sie durfte sogar selbst fahren? Mutig!

Der Wagen war so bunt, dass sie alle anderen in den Schatten stellte. Die grellen Neonfarben, die sie verwendet hatte, stachen regelrecht in den Augen.

„Meine Güte, das ist selbst der Regenbogen farblos dagegen“, kommentierte Vera und nahm eine weitere Serie an Bildern auf. „Das ist großartig. Das gab es noch nie!“

„Ich habe dir doch gesagt, auf Kim kann man zählen“, gab ich belustigt von mir.

„Hallo, Dina, Vera. Wie findet ihr meinen Neon-Leucht-Wagen?“, kreischte Kim mit hochrotem Kopf aus dem kleinen Fensterchen, um den Lärm der Musik zu übertönen.

„Huhu“, johlte ich und winkte ihr zu. Mit den nach oben gestreckten Daumen gestikulierte ich ihr, dass der Wagen großartig war … großartig für den nächsten Skandal!

„Schade, dass sie nicht noch etwas …“, setze Vera an. Im selben Moment durchbrach ein ohrenbetäubender Knall den allgemeinen Trubel und die Hinterräder von Kims Wagen rollten in unterschiedliche Richtungen davon. Der Wagen selbst krachte so unsanft zu Boden, dass die gesamte Zierde abriss und in Trümmern auf dem Boden lag.

„Vera, ich glaube, du hast gerade deinen Skandal bekommen“, stieß ich aus. Damit hatte selbst ich nicht gerechnet.

„Kim!“, schrie Vera panisch auf und eilte zu ihr. „Was ist passiert?“

„W-was ist passiert?“, fragte sich auch Kim, die ungeschickt versuchte, aus dem Fensterchen des Fahrzugs zu kraxeln.

„Deine Hinterräder …“, setzte ich an, „… sie wollten wohl in eine andere Richtung als du.“ Nur schwer konnte ich mir ein Lachen verkneifen. Es war einfach zu komisch. Es war Glück im Unglück, dass niemand verletzt worden war. Zudem hatte Vera nun großartigen Stoff für ihren Artikel. Damit stand dem Platz auf der Titelseite nichts mehr im Wege.

„Wie konnte das passieren?“, wollte Vera wissen. „Hast du die Räder nicht festgeschraubt?“

„Doch, habe ich. Na ja, nicht geschraubt, ich habe Holzdübel genommen. Die Schrauben habe ich irgendwie verloren“, verriet sie.

„Du hast was?“ Ich schlug mir die Hand an die Stirn. „Holzdübel? Dein Ernst? Boah, auf so ne Idee kannst auch nur du kommen, Kim! Das ist ja fast schon für dich zu abgefahren, um wahr zu sein!“

„Ich weiß auch nicht … ich hatte Zeitdruck, die Schrauben waren weg und …“ Sie kratzte sich am Kopf. „Da war der Uhu wahrscheinlich noch nicht trocken“, vermutete sie.

„Uhu? Das wird ja immer besser!“, brach es lachend aus mir heraus. Vera schrieb eifrig mit. Sie schien das Potenzial gewittert zu haben. Mit diese Story kam sie gegen jeden ihrer Kollegen mühelos an.

„Oder eben Pritt, ich bin mir nicht mehr sicher“, meinte Kim. Sie verschwand kurz und kam mit einer Tube Bastelkleber zurück. „Mist, es lag an diesem No-Name-Kleber, nicht wahr? Ich hätte direkt stutzig werden müssen, dass der so billig war. Mein Fehler!“

„Kim! Das ist Bastelkleber, mehr als zwei Buchseiten kannst du damit nicht zusammen bappen! Ein Wunder, dass es überhaupt so lange gehalten hat.“ Wie war sie überhaupt damit durch die Abnahme gekommen?

„Holzdübel und Bastelkleber …“ Vera verschluckte sich fast vor Lachen, als sie sich eilig alles notierte. „Das glaubt mir niemand!“

„Soll ich die Tube in die Kamera halten und du machst ein Bild?“, schlug Kim vor. „So hast du den Beweis.“

„Dein Ernst?“ Vera guckte verdutzt.

Auch ich war verwirrt. War Kim jetzt sogar stolz auf das, was sie fabriziert hatte?

„Damit kommst du bestimmt auf die Titelseite“, überlegte Kim.

„Oh, ganz bestimmt“, pflichtete ihr Vera bei. „Bitte lächeln!“

Kim machte sich mit einer geübten Handbewegung die Haare zurecht, entfernte die Kappe vom Kleber und lächelte in die Kamera, als sei sie ein Star.

„Perfekt“, lobte Vera. „Das gibt die Story des Jahres!“

„Gern geschehen, jetzt müssen wir nur die Räder finden und wieder ankleben, dass ich hier nicht alles aufhalte“, meinte Kim, die bemerkte, dass sie gerade die gesamte Parade aufhielt.

„Ankleben? Kim, sei mir nicht böse, aber das kannst du vergessen!“, wollte ich ihr die Flausen aus dem Kopf treiben.

„Festbinden, tackern, nageln …?“, ratterte Kim daraufhin sämtliche Befestigungsmethoden herunter, die höchstens ein Bild an einer Wand befestigen konnten. Hingegen diesen tonnenschweren Paradewagen beeindruckte das nicht wirklich.

„Stopp!“, unterbrach ich sie, um weiteres Unheil abzuwenden. „Das wird doch nichts! Wir müssen den Wagen aus dem Weg räumen. Der fährt heute nicht mehr. Außerdem ist die gesamte Verzierung dahin.“

„Ich habe in der Realschule noch löten gelernt“, fuhr Kim unbeirrt mit ihrer Aufzählung fort.

„Großartig! Und ich kann stricken! Aber das hilft und jetzt alles nicht weiter!“, machte auch Vera ihr klar. „Deine Reise ist vorbei – so leid es mir tut.“

„Och menno!“, maulte Kim, dann stemmte sie sich gegen den Wagen und begann zu schieben. „Helft mir, allein schaffe ich es nicht!“

Tatsächlich strömten Hunderte Besucher herbei und packten mit an. Sie wollten, dass die Parade endlich weiterging. Ich konnte es nur zu gut nachvollziehen. Die anderen Paradewägen standen kilometerlang im Stau. Da musste es schnell gehen.

Kurz darauf stand der Wagen am Straßenrand und die Parade konnte weitergehen … nur ohne Kim. Doch diese hatte gerade ohnehin keine Zeit mehr dafür, denn gerade sicherte ich mir mein Exklusivinterview.

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