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What‘s about your name?

Kim Posse

Dein Prota hat ihre Abenteuer hinter sich. „Wie konntest du mir nur diesen Namen geben?“, fragt das zehnjährige Kind. Wie lautet die Antwort?

„Dina, bitte lach jetzt nicht, wenn ich diese Frage stelle, aber ich würde es echt gern wissen.“

Ich saß mit Dina auf dem Sofa und starrte an die Wand. Unser Leben schien wieder perfekt zu sein, denn wir hatten unsere mehr als stressigen Abenteuer erfolgreich beendet. Natürlich erfolgreich, schließlich war ich eine der drei Protagonistinnen. Auch wenn viele das nicht glauben: Ich habe meinen Teil dazu beigetragen und habe entscheidende Handlungsstränge gehabt, ohne die die Geschichte nicht funktioniert hätte. Sonst hätte es mich schließlich nicht gegeben.

„Was für eine Frage?“ Dina, die ihre silbergraue Labradorhündin ausgiebig kraulte, wartete auf meine Antwort.

„Jetzt, da unser Abenteuer vorbei ist, habe ich die Zeit gefunden, über weniger wichtige Dinge im Leben nachzudenken. Wobei, es beschäftigt mich schon längere Zeit.“

„Los, spuck es aus! Worum geht‘s? War das Klopapier zu hart, die Handlungen nicht schlüssig oder dir meine Hündin zu haarig?“

„Dina, ich meine es ernst!“, schalt ich. „Ich finde es unfair, dass du dich permanent über mich lustig machst.“

„Tut mir leid. Also, worum geht‘s?“

„Bist du mit deinem Namen zufrieden?“

„Hä? Mit meinem Namen? Was soll damit sein? Ich finde ihn super. Dina Noche Prudencio, kann es schöner gehen? Ich glaube nicht.“

„Nein, im Ernst. Gefällt dir dein Name?“

„Natürlich! Dir deiner etwa nicht?“ Dina guckte mich schief von der Seite an. Plötzlich bereute ich es, dass ich diese dämliche Frage überhaupt gestellt hatte.

„Nun ja, ändern könnten wir es ohnehin nicht. Unsere Eltern haben uns den Namen gegeben“, meinte Dina schulterzuckend, „da hatten wir wenig Mitspracherecht.“

„Unsere Eltern? Du weißt schon, dass wir die nicht von unseren Eltern bekommen haben.“

„Von wem sonst? Etwa von einer unsichtbaren Hand, die unser Schicksal bestimmt und unsere Geschichte niederschreibt? So ein Schwachsinn!“ Dina lachte so laut auf, dass Luna aufschreckte und fast vom Sofa gepurzelt wäre. „Das klingt fast so, als wären wir Figuren aus einem Buch. Natürlich haben unsere Eltern uns die Namen gegeben! Wer sonst?“

„Hm“, machte ich und dachte einen Moment nach, „dann lass es mich anders formulieren: Nehmen wir an, eine höhere Macht und nicht unsere Eltern habt uns unsere Namen gegeben – lass es Gott sein oder eben einen Autoren, wenn wir wirklich Romanfiguren wären –, wärst du dann mit deinem Namen zufrieden?“

„Klar, selbst dann, wenn ich nur erfunden sein sollte. Wie auch immer du auf diese schwachsinnige Idee kommst.“ Dina vergnügte sich weiter damit, ihre sabbernde Hündin zu streicheln, die inzwischen wieder seelenruhig neben ihr lag. „Worauf willst du eigentlich hinaus? Bist du mit deinem Namen etwa nicht zufrieden?“

„Ich? Ich bin sehr zufrieden. Kim Possible klingt sehr poetisch und finde diesen Namen großartig! Ich bin sehr stolz darauf. Meine Uroma hat immer folgendes gesagt: For a Possible nothing is impossible. Das finde ich so toll! Das war ihr Lebensmotto. Sie war eine so starke Frau.“ Ich liebte diesen Satz sehr. Leider war meine Uroma schon lange nicht mehr am Leben.

„Im Gegensatz zu dir. Mehr possible täte dir auch ganz gut“, meinte Dina ausdruckslos.

„Ich habe diesen Satz aber für mich noch etwas angepasst: For Kim Possible nothing is (K)impossible.“ Ihren Kommentar überhörte ich gekonnt.

„Ein tolles Motto“, meinte Dina, „mir gefällt dein Name auch gut.“ Luna jaulte zustimmend.

„Danke“, gab ich stolz zurück, „mir deiner auch. Aber weißt du was?“

„Nein, aber du wirst es mir sicher gleich sagen.“

„Ich schaue auf Wikipedia nach, wie Autoren sich Namen für ihre Bücher überlegen. Nur für den Fall. Das interessiert mich.“

„Tu, was du nicht lassen kannst. Wahrscheinlich macht das eh jeder anders. Aber ich bleibe dabei: wir sind echt! Oder kannst du beweisen, dass wir nur Romanfiguren sind?“

„Kannst du beweisen, dass wir es nicht sind?“, konterte ich sofort. Darauf sagte Dina nichts mehr.

„Du machst mich echt fertig, Kim!“

„Aha, und was habe ich jetzt davon?“, erkundigte sich Dina.

„Na, selbst wenn wir Romanfiguren wären, sind wir nicht erfunden.“ Darüber war ich sehr erleichtert. „Dann wird nur über uns erzählt, aber uns gibt es wirklich. Das wäre schließlich mehr als ärgerlich, wären wir nur für das Buch aktiv und dann wie ein ungetragenes Kleid in den Schrank gelegt. Diese Vorstellung behagt mir ganz und gar nicht.“

„Wie du meinst. Aber ich finde es toll, dass uns beiden unsere Namen gefallen. Da war diese Diskussion doch völlig unnötig. Da ist es auch egal, ob es uns jetzt wirklich gibt oder nicht. Solange ich weiß, dass es mich gibt, bin ich zufrieden.“

„Du hast recht. Aber willst du nicht wissen, ob es dich wirklich gibt?“

„Kim, wir drehen uns im Kreis!“, murrte Dina.

Probehalber stand ich auf, doch davon merkte ich nichts. „Wir drehen uns nicht.“

„Das sagt man nur so. Jetzt setze dich wieder hin. Wenn du so weitermachst, habe ich bald die Bestätigung.“

„Die Bestätigung wofür?“

„Dass wir erfunden sind.“

„Wieso?“

„Na, so bescheuert kann nun wirklich niemand sein … oder gerade darum sind wir echt“, grübelte sie. „Ach, keine Ahnung. Einigen wir uns darauf, dass unsere Namen schön sind und es uns in Wirklichkeit gibt.“

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